Frieden schaffen – mit vielen Waffen?


Susanne Elsen

Nach 20 Jahren hat die Evangelische Kirche Deutschlands EKD am 10.11. 2025 eine Denkschrift mit dem Titel „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“ verabschiedet. Das Papier ist nicht unumstritten, denn es positioniert die evangelische Kirche neu in zentralen friedensethischen Fragen. Der Pazifismus der Glaubensgemeinschaft, der mit Slogans wie „Schwerter zu Pflugscharen“ oder „Frieden schaffen ohne Waffen“ verbunden war, weicht einem Pragmatismus, der anschlussfähig erscheint an die Positionen der aktuellen Realpolitik.

In dem Papier heißt es zum Beispiel, in Verteidigung müsse investiert werden, weil sie dem Schutz von Menschen diene. An anderer Stelle heißt es: Christlicher Pazifismus sei als allgemeine politische Theorie ethisch nicht begründbar. Zum Thema nukleare Abschreckung merkt das Papier an, dass diese zwar dem Geist des „gerechten Krieges“ widerspreche, aber als Übergangslösung gelten könne. Atomwaffen seien politisch notwendig, um die Verhandlungsposition gegenüber Atommächten zu stärken. Waffenlieferungen seinen ethisch nicht ausgeschlossen. Es gebe zwar keine Pflicht, mit Rüstungsexporten angegriffenen Ländern beizustehen. Es gelte aber, Opfern von Gewalt zu helfen.

Friede wird in der Denkschrift nicht als Zustand verstanden, sondern als Prozess, in dem Gewalt abnimmt und Gerechtigkeit wächst – „getragen von Verantwortung und eingebettet in gesellschaftliche und globale Strukturen.“

Die evangelische Kirche hat im vergangenen Jahr (2024) mehr als eine halbe Million Mitglieder verloren.  Dieser Trend hält in Deutschland, wo die beiden großen Glaubensgemeinschaften durch die Kirchensteuer der Mitglieder finanziert sind, seit Jahren an. Es stellt sich die Frage, ob die skizzierte Abkehr der EKD vom Pazifismus, die Zustimmung derjenigen Mitglieder finden wird, die noch auf ihre Kirche als eine Kraft gegen Aufrüstung und Kriegstreiberei gesetzt haben.

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Deine Meinung!

Schreibe uns deine Meinung und Gedanken.
Deine Meinung »

Über den Friedensblog

Die Ideengeber hinter dem Friedensblog sind: Sepp Kusstatscher - Arno Teutsch - Susanne Elsen - Erwin Demichiel - Johannes Fragner-Unterpertinger
Über uns »

Kategorien